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Antwort an Herrn B.B. "Über die Verführung...."

Antwort an Herrn B.B. "Über die Verführung...."
Zuerst das Gedicht von Bert Brecht, das bestimmt viele von euch kennen:
„Über die Verführung von Engeln“

Engel verführt man gar nicht oder schnell.
Verzieh ihn einfach in den Hausgang
Steck ihm die Zunge in den Mund und lang
....


nun meine Antwort:
An einen schnellen Verführer
©tangocleo

Herr Brecht, als Sie danach den dunklen Gang verließen,
konnten Sie da den Nachgeschmack der Tat genießen?
War Ihnen wohl danach und leicht ums Herz,
oder verblieb ein stiller und diffuser Schmerz?

Und dann der Engel, lehnte der noch voll Entzücken
an dunkler Häuserwand, jetzt mit dem Rücken -
noch immer das Gefühl der Hand, die ihn grad doppelt Kommen machte,
des Blinden, der behutsam über seine Flügel wachte?

Flog dieser Engel wohl zu einem Spiegel,
betrachtet dort die heilen Flügel,
dann aber sein Gesicht, wobei er stumm sich fragte:
Wieso Herr Brecht wohl nicht zu schauen wagte?

Wieso hat einer, der ganz sanft zu Federn ist,
Angst vor dem Blick in ein Gesicht?
Was wagte Brecht nicht anzusehen,
was fürchtete er auf einmal zu verstehen?

Es hätt ´gewiss den Engel, vielleicht auch Sie, Herr Brecht, entzückt,
hätten Sie ihm einmal offen ins Gesicht geblickt.
nochmal Kaminlesungnochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Also, das finde ich ... finde ich wortlos, stumm *spitze*

Eine prächtige Antwort an Herrn Brecht
das geschieht im Recht. *top*


*g* Herta
ich wollte, er könnte es noch lesen... die Damen/Engel in seinem Leben haben sich ja leider schwer von ihm "an die Wand" drücken lassen...
*g*
**********ucher Mann
4.694 Beiträge
Ja, das ist die andere Sichtweise, die des (geschundenen) Engels. Ich hab's noch krasser empfunden, glaube ich. Hatte doch wegen dieses Gedichtes einmal eine schwere Auseinadersetzung in einer anderen Community mit Menschen, die tatsächlich und offensichtlich Gefallen an solcherart von "Verführung" gefunden hatten, ohne zu merken, was da eigentlich beschrieben wird in Bertholds - oder sollte man besser sagen: Unholds? - Gedicht.

Eine vielsagende aber womöglich nur wenig verstandene Antwort. Danke dafür. Hat mich sehr gefreut, das zu lesen.

*bravo*
Ich gebe zu, der gute B.B. läßt einen nicht unberührt.
Vor daher nehm ich die "Antwort" als eine Reaktion
auf eine Provokation.
Und stell mir die Diskussion vor, die sich in einem
kleinen Kammerspiel entwickelt, in dem beide Texte
nacheinander vorgetragen werden.

*blume*
Dieter
beides, liebe Disputanden:
einmal ist es ein Plädoyer für den nicht "wahrgenommenen" Engel... die abwertende Ignoranz und die flotte Flachheit der sex. "Notdurftverrichtung"

• deren eben gerade deswegen sex. Attraktivität gerade dem (...ich muss es schreiben!) männlichen Leser gefällt...

es ist aber auch ein fast augenzwinkernder Blick auf einen Künstler/Mann, der Angst hat! Angst vor zu viel Nähe, möglicher emotionaler Verstrickung - der "ärmliche" Rückzug in platte Sexualität, weil mann Eros in seiner Größe und Wucht nicht stehen kann. Also ist er eigentlich "der arme Wicht" und nicht der beflügelte Engel...

würde bestimmt eine sehr animierende Diskussion werden...
**********ucher Mann
4.694 Beiträge
Liebe Cleo,
... deren eben gerade deswegen sex. Attraktivität gerade dem (...ich muss es schreiben!) männlichen Leser gefällt...

Da täuschst du dich gewaltig! Ich muss es schreiben. *zwinker*

Die Erfahrung, die ich gemacht habe mit diesem schrecklichen Gedicht, war eben gerade diejenige, dass FRAUEN - und nicht nur eine! - das Gedicht toll fanden, ja durchblicken ließen, auch einmal so "verführt" werden zu wollen. Da ist ganz offenbar eine Botschaft nicht angekommen, die das Gedicht auch hat, nämlich zu provozieren (Dieter hat es schon erwähnt), ganz unabhängig davon, dass wohl Brecht in seinem Leben tatsächlich wenig zimperlich mit dem weiblichen Geschlecht umgegangen ist.

Ich durfte (leider) erleben, dass gerade Frauen es nicht gesehen haben oder nicht sehen wollten, dass die heute doch scheinbar so hoch gehaltene sexuelle Selbstbestimmung in der Vorstellung des Autors, wie sie in dem Gedicht zum Ausdruck kommt, geradezu mit Füßen getreten wird.

Mit einem noch immer nachdenklich-traurigen Gruß

Jens
*****one Frau
13.323 Beiträge
@ Jens
dieses gedicht ist eines meiner liebsten! warum? es ist ehrlich in seiner beschreibung.
B.B. war ein schwerenöter, was frauen betraf.
"...zerdrücke seine flügel nicht..."
mal darüber nachdenken.

herzlichst Beate
nochmal Kaminlesungnochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Es ist halt immer alles eine Auslegungssache und er lässt ja trotzdem vieles offen für den Leser ...

Und Cleo's Antwort ist eine Auslegung ... aber mir gefällt sie und es geht ja um Cleo's Gedicht und nicht um Herrn Brecht, wie immer man zu seinem Werk stehen mag.

*sonne*
Herta
@*****one:
ich mag es auch!
und ja, da ist so etwas wie Respekt zu finden, Zartheit sogar...

mal gaaanz ehrlich:
wäre ich der Engel, hätte ich diese Nummer, als Variante, durchaus auch genossen ( immerhin wäre ich ja 2x gekommen! *g*)...
aber hinterher hätte ich ihm diese Antwort geschrieben - und gehofft, dass wir wieder, aber anders, "flügeln"... breitgrins
*****one Frau
13.323 Beiträge
Dieser Beitrag wurde als FSK18 eingestuft.
Zur Freischaltung

**********ucher Mann
4.694 Beiträge
Sagt was ihr wollt, ...
Der "Verführer" war ein Schwein, in diesem Gedicht.

Was ist ein Engel? Das Symbol eines Engels? Die Unschuld, ist es nicht so?

Wer aber ist unschuldig, wenn nicht ein Kind, das nichts weiß von der egoistischen Begierde, die ihm auflauert am dunk'len Ort.

Und was tut unser "Verführer"? Ist es nicht Gewalt, die er dem Engel antut? "Verzieh ihn einfach in den Hauseingang ...", "steck ihm ...", "fick ihn", "halt ihn fest ...", "ermahn ihn ...", "heiß ihn ..." etc. Das Gedicht ist voll von Befehlen an diesen Engel, voll von Gewalt, körperlich wie seelisch. Versteht ihr, ein Engel wird da so domptiert!

Zartheit? Ja, die Zartheit des Büffels, der einen Grashalm zerquetscht.

Und der Engel, was fühlt er? Er macht sich nass (ein Zeichen von Angst?), er stöhnt beklommen (fühlt sich offenbar nicht wohl in der Situation) und hängt schließlich zwischen Erde und Himmel, irgendwo dazwischen, haltlos, verunsichert, ohne Boden unter den Füßen.

Interpretation? Ja, aber dann doch im Rahmen der eindeutigen Vorgaben des Autors, oder?

Das Gedicht, Beate, von Ludwig Fels, das du zitierst, ist doch grundlegend anders. Ähnlich mag die recht derbe Wortwahl sein, aber mit keinem Wort erniedrigt dieser Autor in seinem Gedicht die andere beteiligte Person. Da ist doch ein ganz deutlicher Unterschied zu spüren in der Einstellung des Autors zu seinem, ich sag mal : Sexpartner. Was bei Brecht unschuldiges Opfer ist, kommt bei Fels fast einer anbetungswürdigen Göttin gleich.

Liebe Leute, bei aller Achtung vor dem großen Namen Brecht, aber das, was in diesem Gedicht zum Ausdruck kommt ist in meinen bescheidenen Augen nichts anderes als eine schäbige Vergewaltigung. Wer das anders sieht, mag es begründen ...
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Gruppen-Mod 
@ hamamelis
Den Engel bei Brecht seh ich auf keinen Fall als Kind.
Sondern als Frau.
Das Wesen, dass für ihn irgendwie überirdisch,
weil nicht verstanden ist.
Er nimmt sie sich.
Und sie lässt es geschehen.
Sie wehrt sich nicht.
Schwebt irgendwo zwischen Himmel und Erde.
Zwischen Lust und Scham.
Lust empfindet und bereitet er.
Aber wirkliche Nähe kann er nicht zulassen.
Deshalb darf er dem Engel
niemals ins Gesicht sehen.

Ein trauriges und schauriges Gedicht,
welches viel sagt, über das Verhalten
zwischen Mann und Frau.

Und Cleo's Antwort darauf find ich einfach wundervoll.
*****one Frau
13.323 Beiträge
Brecht
lieber Hamamelis,
egal, wie mann/ frau das gedicht inhaltlich einordnet, dieses und andere texte von ihm haben die erotische lyrik grunglegend verändert.
er wagte es, die dinge in seiner polarisierenden art beim namen zu nennen.
Ludwig Fels zitierte ich, um das mal aufzuzeigen.

herzlichst Beate
Dieser Beitrag wurde als FSK18 eingestuft.
Zur Freischaltung

*****one Frau
13.323 Beiträge
@ Cleo
das ist genau auch meine sichtweise!
schön, eine gleichgesinnte zu treffen.
danke dir!
:-))
danke auch an den Club - dass er neben dem "offensichtlichen" Vergnügen auch diesen "sinnlich- geistreichen" Austausch ermöglicht!
**********ucher Mann
4.694 Beiträge
Was ist ein Engel?
Wenn kein Kind, Rhabia, dann eine Frau, ok. Aber darf sie deswegen ihrer Unschuld (oder hat ein Engel die etwa schon nicht mehr?) beraubt werden? Das Engelssymbol ist doch kein Zufall. Nichts steht zufällig in einem Gedicht. Es hat immer Bedeutung, immer Absicht.

Über dieses (zarte) Wesen des Engels, das er nicht versteht - da stimme ich dir zu - setzt sich Brecht gewaltsam hinweg. Er nimmt sie sich ohne oder auch gegen ihren Willen, wir erfahren es nicht. Ihm ist es gleich. Was für eine Gesinnung!

Tatsächlich, sie wehrt sich nicht. Hätte sie gekonnt? Kann sich ein Engel gegen eine solche Behandlung wehren?

Rhabia, sie "schwebt" nicht zwischen Himmel und Erde, sie "hängt" und zwar nicht zwischen "Himmel und Erde", sondern zwischen "Erd und Himmel", das gibt für mich ein ganz anderes Bild.

Ob er ihr Lust bereitet? Vielleicht. Er behauptet, sie zweimal kommen zu lassen. Doch sie "stöhnt irgendwie beklommen." Ist das Lust? Gut, dass ich kein Engel bin!

Und dann der Schlusssatz, die Aufforderung, seine Flügel nicht zu zerdrücken. Niemand soll die äußeren Zeichen dieser Vergewaltigung sehen können. Die Welt muss heil bleiben, nach außen. Doch was ist innen? Würde man(n) ihr ins Gesicht schauen, was sähe man(n) da? Vielleicht den Ausdruck einer geschundenen Seele? Ja, davor hat er Angst, der Räuber wie der Mörder, sein Opfer wirklich anzuschauen.

Es gibt auch andere erotische Gedichte, wie etwa die von André Pfoertner, ein aktueller Autor, oder auch solche von Frauen, wie Else Lasker-Schüler, die etwa in der gleichen Zeit wie Brecht lebte. Darin wird Erotik, durchaus prickelnde Erotik, beschrieben, in einer Weise, die immer die Achtung vor dem anderen Geschlecht wahrt, worauf Brecht offenbar bewusst verzichtet hat.
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Gruppen-Mod 
@ hamamelis
Da sieht man mal wieder, wie die eigenen Bilder im Kopf so einen Text beeinflussen.

Beim Wort Engel sehe ich meist nicht die niedliche Putte, das Engelchen, sondern den Erzengel. Eine selbst etwas düstere Gestalt. Von Gott gesandt. Übrigens bleibt ein Engel immer Unschuldig. Man kann ihm Leid zufügen, sicher, aber man kann ihm nicht den Makel der Schuld auflegen.

Für mich mit ein Grund, warum er dem Engel nicht ins Gesicht sehen kann. Denn Brecht ist klar, dass er mit seiner Tat die Liebe verleugnet.

Es gibt hier Leute, die meine Gedanken dazu wahrscheinlich besser in Worte fassen könnten. Mir fällt es gerade schwer, das richtig rüberzubringen, was ich dazu fühle.
*****one Frau
13.323 Beiträge
Brecht...
als grosse Brecht- liebhaberin denke ich, dass er natürlich ganz bewusst auf eine gewisse "achtung" verzichtet hat.
zumindest in diesem gedicht. er hat ja auch andere, zärtliche, geschrieben.
für mich kann ich nur sagen- ich bin gern mal engel aber auch gern mal teufelchen, wer ist das nicht?

hörtipp: erotische Gedichte von B.B: , gelesen von Blixa Bargeld
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Gruppen-Mod 
Nee, heißt die Frau wirklich so?

Ja, ich denke mal, Brecht hat das bewußt mit einer gewissen kühlen Grausamkeit geschrieben. Er hat sein Schreiben nicht dem Zufall überlassen.
**********ucher Mann
4.694 Beiträge
Ja Rhabia,
ich verstehe dich schon. Und ich verstehe durchaus auch die anderen, die das Gedicht als erotisch anregend empfinden. Ich meine aber, das geht nur, wenn man sich (mit dem Autor) über bestimmte Dinge hinwegsetzt, die den Engel ausmachen. Das passiert vielleicht ganz unbewusst. Deshalb wehre ich mich vielleicht auch so gegen das Gedicht und mag es nicht erotisch positiv auf mich wirken lassen.

Der Erzengel ist ein ganz besonderer Engel. Ich denke, der war hier nicht unbedingt gemeint. Natürlich auch nicht die Putte. Und klar: Niemand kann einem Engel wahre Schuld auferlegen, ihm diesen Makel zufügen. Das wäre ja noch schöner! Nein, aber Schuldgefühle wird er vielleicht bekommen ... zu Unrecht, ja, aber ob er das weiß?

Ihr seht, ich bin und bleibe sehr skeptisch gegenüber diesem Gedicht. Wer so mit seiner und der Sexualität anderer (ohne deren ausdrückliches Einverständnis) umgeht, ist in meinen Augen gefährlich.
*****one Frau
13.323 Beiträge
Rhabia...
wenn du Blixa Bargeld meinst...
das ist ein mann ,von der band "einstürzende neubauten"
ist zu googlen.
vielleicht sollten wir, die hier zum thema erotische texte etwas zu sagen haben, dafür ein eigenes thema erstellen. was sagen die mods dazu?
der Engel ist vielfach interpretierbar - das hat hamamelis bestens aufgezeigt.
Und es gehört eben zur Kunst, dass jeder seine Lesart und Interpretation aufbereitet. Das macht einen Künstler glücklich, wenn so viel Bewegung und Resonanz erzeugt wird. Nur über das Belanglose muss/kann nicht diskutiert werden.

Der Engel:
für mich ist er (deswegen auch der Tonfall in meiner Antwort) nur auf den ersten Blick so etwas wie ein "Opfer". Brechts Angst hat etwas mit dem Wissen um dieses "höheren" Wesen und seine Macht zu tun. (Brecht hätte es ja auch ein Mädchen, Frau sein lassen können.)
Es ist die Angst vor der Liebe - die mit dem Anschauen, Wahrnehmen des Gegenübers beginnt.
( in der Bibel wird der Geschlechtsakt gerne mit "und sie erkannten einander" beschrieben - je nach Übersetzung)
Körper sind unpersönlich und austauschbar - ebenso wie das Vergnügen mit ihnen. Der Geschlechtsakt? - mehr oder weniger doch immer das Gleiche.
Besonders wird es durch die Wahrnehmung des anderen Menschen, der wiederum die individuellsten Merkmale im Gesicht trägt.
Dahin will Brecht nicht schauen. Nicht in die Augen - den "Spiegel der Seele"
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Gruppen-Mod 
@Cleo
Deshalb finde ich Deine Antwort auf sein Gedicht so spannend.

Schade, dass er nicht mehr am Dialog teilnehmen kann.
Ich wüsste gerne, wie ein Mann, der auf diese Art (nicht)liebt, antworten würde.
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