Agathe
AgatheWo fang ich an, wo starte ich?
Die Story ist gar fürchterlich.
Drum, kleine Kinder, ab ins Bett.
Was ich erzähl, ist gar nicht nett.
In einer Burg, in einem Land
(mein Opa hat es noch gekannt),
Vor ewig ewig langer Zeit
Lebte dereinst `ne holde Maid.
Prinzessin war sie durch und durch.
Das Personal lebte in Furcht
ob ihrer Launen, die sie hatte.
Kein Wunder, fehlte wohl der Gatte.
Der König war schon recht verzweifelt
Und hat so manchen Kerl verteufelt,
der erst ihr machte schöne Augen
und schien dann doch nicht ganz zu taugen.
Denn als sie ihn für gut befand,
war er schon lange weggerannt.
Nun ja, wer kanns den Jungs verdenken
Bei all dem Zetern und den Zänken.
So saß sie in der Kemenate
(ach übrigens: sie hieß Agathe)
tagein, tagaus und dachte still,
warum sie wohl kein Junker will.
Da plötzlich, eines Nachts ein Krachen
im Innenhof, und dann ein Lachen,
so laut und böse, wie sie fand,
dass sie im Bette senkrecht stand.
Den Vater hörte sie noch schrei’n,
dann platzte es zur Tür herein.
Zuerst sah sie nur einen Schemen,
der schien das Zimmer einzunehmen.
Im Fackelschein, groß wie `ne Wand,
ein Drache plötzlich vor ihr stand
und sprach zu ihr: „Du ruhig, sonst tot!
Und ess ich dich zu Abendbrot.
Du sein jetzt mein. Mach kein Theater.
Denn hab ich schon gekillt dein Vater!“
Agathe wurd das Herze schwer
Und dachte bei sich: Quel malheur!
Es packte sie nicht nur das Grauen,
sondern auch eine seiner Klauen.
So hopste er zur Tür hinaus
und breitete die Schwingen aus.
Kaum, dass der Drache sich erhoben,
sah sie den ganzen Mist von oben.
Die Echse hatte mit Bedacht
ihr Heim dem Boden gleichgemacht.
Von alldem war sie recht benommen,
doch sollte es noch schlimmer kommen.
Als sie die Drachenhöhle sah,
da wurde es Agathe klar:
Der Ledersack wollt sie benutzen –
sie sollte seine Bude putzen!
Da platzte ihr dann doch der Kragen.
Sie hatte einiges zu sagen…
„Jetzt reichts, du dumme alte Echse,
das ist doch echt das Allerletzte.
Erst weckst du mich in finstrer Nacht,
nachdem du Vati umgebracht.
Dann machst du mein Zuhaus kaputt –
da gibt’s nur Asche noch und Schutt.
Und dann soll ich noch Knall auf Fall
hier reinigen den Schweinestall?
Du hattest wohl `ne schwere Kindheit?“
„Ach Holde, habt doch etwas Mitleid.
War ich einst auch ein Kind von König
Und scherte mich um andre wenig.
Dann alte Hexe mich verfluchte.
Seitdem ich nach Erlösung suchte.
In andere Geschichten steht:
Nach Kuss es immer gut ausgeht!
Weil ich dann werd, was innendrin
schon immer ich gewesen bin.“
Er schnappte sich Agathe und
drückte auf ihren Mund den Schlund.
Tatsächlich gab es einen Knall,
und Funken sprühten überall.
Wo eben noch der Drache stand,
man plötzlich jetzt `nen Prinzen fand.
Doch wo zum Henker war Agathe?
Jetzt kommt das dicke Ende, warte…
Der Kuss – oh je – ließ nicht allein
den Prinzen wieder Prinzen sein.
Er machte auch – jetzt nur nicht lachen –
aus der Prinzessin einen Drachen!
Der hat den Prinzen glatt verschlungen.
Tja, was für`n Pech für diesen Jungen!
© B_thory