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Das Zimmer, in dem mein Vater starb

*******cott Paar
100 Beiträge
Themenersteller 
Das Zimmer, in dem mein Vater starb
Ich werde ihn nie vergessen, meinen Gang
Zum Zimmer, in dem mein Vater starb.
Der Geruch von Desinfektionsmittel
Und Kaffee schwebt durch die Luft,
denn während mein Vater starb,
frühstückten sie nebenan.

Der Flur erscheint mir unendlich lang
Und nicht annähernd lang genug.
Jeder Schritt tut weh, jeder Schritt, den ich mache
Näher heran zum Zimmer, in dem vor sechsunddreißig Minuten mein Vater starb,
hämmert auf meine wunden Seele wie der Hieb einer Peitsche,
die in stoischem Rhythmus singt:
Er ist tot, er ist tot, er ist tot...

Und weiter gehe ich, die Gesichter jener, die mir begegnen auf diesem Gang
Verschwimmen zu hellen Tupfen im aufgehenden Licht
Dieses Sommertages, an dem mein Vater starb.
Ob sie mich ängstlich, mitleidig, anerkennend betrachten, weiß ich nicht.
Ich kann nur geradeaus blicken
Und Fuß für Fuß mich unsicher
Vorantasten, gerade so wie ein Kind, das
Laufen lernt und stets bewacht wird
Von den aufmerksamen Augen seines Vaters.
Die Augen meines Vaters haben sich vor
Siebenunddreißig Minuten für immer geschlossen,
er wacht nicht mehr über mein Gehen und Stürzen.

Ich stehe vor der geschlossenen Türe des
Zimmers, in dem mein Vater starb.
Ein grünes und ein gelbes Licht brennen davor.
Ein geheimer Code für alle Eingeweihten, die diese Lichter sehen und wissen,
dass in diesem Zimmer heute eine
Welt untergegangen ist.
Ich sehe die Lichter an, so lange richte ich
Meine Augen darauf, bis sie brennen
Und tränen vom grellen Schein dieser Botschaft.
Abermals weht der Duft von Kaffee zu mir,
Denn anderswo geht das Leben weiter.

Ich stehe lange vor dem Zimmer, in dem mein Vater starb
Vor einundvierzig Minuten.
Ich versuche mich zu wappnen
Für den Anblick einer Hülle,
die vor zweiundvierzig Minuten noch der
Anker meiner Welt war.
Es gelingt mir nicht. Ich verstehe es nicht.
Wie kann man so etwas verstehen?

Und schließlich öffne ich jene Tür, die immer da war, mein Leben lang.
Und ich betrete langsam und sachte
Das Zimmer, in dem mein Vater starb.
*****e_M Frau
8.365 Beiträge
Ich bin beim Lesen mitgegangen.

Damals auf dem gleichen Weg, konnte ich nicht durch die Tür gehen.... es war niemals nachzuholen...

Danke für diesen Text!
*******cott Paar
100 Beiträge
Themenersteller 
Ich danke dir. Deine Worte berühren mich.
Jeder trauert auf seine Art und jeder tut das, wofür die Kraft reicht.
Alles Gute für dich!
*******t_by Mann
68.821 Beiträge
Genau so ist es, war es und wird es immer sein.
Du hast meine Erinnerung geweckt, mit feuchten Augen.

Hab Kraft,
Bertl
*******cott Paar
100 Beiträge
Themenersteller 
Vielen Dank für deine Worte. Ich hoffe, du kannst die feuchten Augen angesichts der Erinnerung als liebevollen Gruß auf „die andere Seite“ sehen und nicht als etwas, das allzu viel Schmerz verursacht, denn das täte mir leid.
*******t_by Mann
68.821 Beiträge
Je länger es her ist, desto liebevoller werden die Erinnerungen.
Also eher wieder mal ein "Zwiegespräch" mit der anderen Seite.
Ich weiß, was er gesagt hätte, wenn ich einen Rat brauche.
*******cott Paar
100 Beiträge
Themenersteller 
So geht es mir auch, selbst wenn es noch gar nicht lange her ist und der Schmerz noch wahnsinnig brennt; er ist mein innerer Kompass geworden, der mir meinen Weg weist, wenn ich Schwierigkeiten habe, ihn zu sehen.
...Ich bin froh, letztendlich nur den vertrauten Geruch meines Vaters vernommen zu haben, angeschlossen an Maschinen um Leben zu erhalten, welches schon entschwunden.
So werde ich wenigstens vom frisch gebrühtem Kaffee nicht daran erinnert.

Danke für die Erinnerung!
Profilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Gruppen-Mod 
Danke für diesen Text, der vieles, was ich empfand, als ich das Zimmer betreten musste, wiedergibt.

Mehr mag ich dazu nicht sagen, denn auch wenn es 18 Jahre her ist, es brennt immer noch.
*******cott Paar
100 Beiträge
Themenersteller 
Danke für all die Erinnerungen und Gefühle, die ihr teilt! Es tut gut zu wissen, dass andere ähnlich empfinden...
Vielleicht wäre die Erkenntnis, dass das Brennen irgendwann weg ist, noch schmerzhafter als der Verlust selbst... Ich will, dass es weh tut, lange noch. Er war meine Welt, mein Held, mein Vorbild, mein Fels in der Brandung. All das zu verlieren MUSS einfach weh tun, lange Zeit noch.
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