gratuliere, interzone,
für Form und Inhalt.
dafür:
Verstand im Gestühl verreckt
In Hallen der Klarheit
wegen der Allusion einer so gut wie religiöser Ratio-Inthronisierung...; "Gestühl": da denk ich automatisch an Talare und dem Muff...; "Hallen der Klarheit": da klappern bei mir gleich Schritte über leergedachte Aulen...
dafür:
Erspür dich im Sinngewühl
Grad im Ungefähren
Das ist magnifique! Erspür dich grad dort, wo es eben nicht mehr fassbar und klar ist. Das Ungefähre ist mir das Namenlose, das Nicht-Zuordenbare und nicht Hierarchisierbare.
dafür:
Und leiste nie Treueschwur
Kausaler Anbahnung
Perfekt! Wobei das hier für mich das Stärkste ist, liest es sich als Aufforderung an den Menschen des Heute. Kaum Anderes steht uns zur Verfügung als die Kausalverknüpfung, die ganze Grammatik unserer Kommunikation und Introspektion ist ein "wenn-dann"-Spiel.
Der letzte Vierzeiler ist irritierend: er stiftet eine Art Spannung zwischen Kausalität und Ahnung, die von der Benutzung von "Anbahnung" noch mehr sprachlich unterstützt wird.
Lass dich überzeugen nur
Von Wellen der Ahnung
Und leiste nie Treueschwur
Kausaler Anbahnung
Überzeugend sind für gewöhnlich logische Argumente. Wenn hier Ahnung, oder Bauch überzeugt, dann über Wellen. Wohl kaum meint der Autor die "positive vibrations", wenn die wohl auch mitschwingen.
Sind es Wellen des Erkennens?
So sehr mich Dein gestriges Vogel-Gedicht auf falschem Fuß erwischte, so sehr mag ich dieses. Es ist knapp, rhythmisch und sprachlich ausgefeilt und sprechend und verschlossen zugleich.
Man könnte es für sehr sprechend halten, dann läse man ein Manifest der Bauchgefühl-Adepten.
Ist es aber nicht.
Es ist ein Brief von Bauch zu Stirn, den Stirn schreibt.
So?